[36] Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Freitag, 14. September 1934
Aktualisiert: 8. Juni 2025
* * *

[1] [2] [3]
14. IX 34
Lieber Mill Raas.
Ich hätte Ihnen sicher etwas Nettes – äußerlich Wertvolles zum Neuen Jahr gesandt. Mir macht so was Freude. Auch habe ich seit paar Monaten wieder genug Geld, um einen Frc. zu opfern – auch wenn ich keins hatte. Ich laß mich nie in Nichtgelddingen stören, in die Spielläden zu gehen, [2] meine schwache heimliche Freude. Auch Riesen, den Machno z. B. sah ich vor 1000 Jahren so gern wie heute. Darum überstehe ich oft Schmerzen viel leichter wie andere Menschen. Auch ist mein Arm wieder heil, der mir Jahre weh tat. Ich glaube aber – ein anderer Grund, warum Sie nicht mehr wollten, ich soll die Spielerei nicht mehr senden. Ich bin Ihnen nie böse darüber, wünsche Ihnen liebe Menschen und Glück, damit Sie Sich nicht innerlich einsam fühlen in dieser Welt. Sehen Sie, selbst meiner besten Freundin Julia bin ich fremd geworden. Verzeihen Sie Couvert! Auf der Post. Also alles Schöne und Herrliche: Neujahr!
[3] [Kopf im Profil mit Fes, darin ein Davidstern]
So stehen die Jerusalemiter an der Post
[1] Und gestern 12. Abendausgabe stand von mir Neue Zürcher Zeitung
Jetzt wollen sie Wiederschau man wird Privatunternehmer.
Abigail.
Ich habe ein neues Gedicht verbrochen.
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 11). Druck: Else Lasker-Schüler, Werke und Briefe. Kritische Ausgabe. Im Auftrag des Franz Rosenzweig-Zentrums der Hebräischen Universität Jerusalem, der Bergischen Universität Wuppertal und des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar hg. von Andreas B. Kilcher [ab Bd. 9], Norbert Oellers, Heinz Rölleke und Itta Shedletzky. Bd. 9: Briefe. 1933–1936, bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2008, S. 147 f.
zum Neuen Jahr • Das jüdische Neujahrsfest fiel 1934 auf den 10. und 11. September. – meiner besten Freundin Julia • Julie Wassermann. – gestern 12. Abendausgabe • Vgl. zu [Brief 35] (»in die Neue Zürcher Zeitung«). – neues Gedicht • »Ergraut kommt seine kleine Welt zurück« (Else Lasker-Schüler, Werke und Briefe […]. Bd. 1.1: Gedichte, bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki unter Mitarbeit von Norbert Oellers, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 1996, S. 263 f. und 291 f.). Das Gedicht erschien zuerst im Dezember 1934 in der Zeitschrift »Die Sammlung« (Amsterdam) (Jg. 2, H. 4, S. 220). Es war der letzte Beitrag, den Else Lasker-Schüler dort veröffentlichte. – Eine Reinschrift des Gedichts übersandte Else Lasker-Schüler am 5. November 1934 an Emil Raas. Vgl. zu [Brief 40] (»meine letzten Gedichte«).